Regie: Robert Aldrich
Das hübsche Mädchen im gelben Kleid...
Regisseur Robert Aldrich ließ kein gutes Haar an seinem 1961 gedrehten
Film "El Perdido" (Original: The Last Sunset). Er gab zum einen die
Schuld Kirk Douglas, der nicht nur der Hauptdarsteller war, sondern den
Film auch mitproduzierte - und in dieser Eigenschaft mischte er sich oft
in die Regie ein und soll den Film im Schnitt völlig zerstört haben.
Auch mit Drehbuchautor Dalton Trumbo war Aldrich äusserst unzufrieden.
Er warf ihm mangelnde Motivation vor. Trumbo, der berühmte amerikanische
Drehbuchautor, gehörte in den späten 40er Jahren zur Gruppe der
sogenannten Hollywood Ten - unter Berufung auf den fünften Zusatzartikel
der US-Verfassung weigerten sie sich vor dem Komitee für
unamerikanische Umtriebe auszusagen. Als Konsequenz gabs Geld- oder
Haftstrafen und Berufsverbot. Daher verbrachte er nicht nur einige
Monate im Knast, sondern wurde auf eine schwarze Liste gesetzt. Trumbo
musste jahrelang unter Pseudonym arbeiten. Er bekam zwar zwei Oscars für
die besten Storys in "Ein Herz und eine Krone" und "Roter Staub" - aber
sein Name wurde nie genannt. Erst Jahre später wurde seine
Urheberschaft auch offiziell anerkannt. Durch den Einfluß des
linksliberalten Superstar Kirk Douglas bekam er unter eigenem Namen
Anfang der 60er Jahre wieder Arbeit. Auch Otto Preminger hatte Trumbo
versprochen, ihn offiziell als Drehbuchautor für den Film "Exodus" zu
nennen. Aldrich hatte das Gefühl Trumbo würde "El Perdito"
vernachlässigen und sich viel mehr auf den Preminger Film zu
konzentrieren.
Dennoch geht Aldrich mit seinem Film viel zu hart ins Gericht. Aldrich,
der aus seiner Kritik am Hollywoodsystem nie einen Hehl machte,
überzeugte durch unübliche kritisch-direkte Themen und brisante
gesellschaftliche Fragen. Und so gestaltet ist auch dieser ungewöhnliche
Western, dessen einzige Schwachstelle m.E. die Gesangseinlagen von Kirk
Douglas mit einem mexikanischen Gesangstrio ist. Ansonsten ist das ein
klasse Western, der reichlich unterbewertet in seinem Genre ist und als
griechische Tragödie angelegt ist. Trumbos Drehbuch bietet schon
einiges: Zum Beispiel eine Liebesgeschichte zwischen Vater und Tochter.
Das Grundgerüst der Geschichte ist allerdings in der Westernsparte weit
verbreitet und beliebt. Ein Gesetzesmann und ein Bandit sind gemeinsam
unterwegs. In dieser hindernisreichen Reise gibts viele Gefahren in der
Gestalt von Banditen, Indianern, Naturkatastrophen und vor allem durch
die zwei mitfahrenden Frauen.
Seit längerer Zeit wird der Herumtreiber, Revolverheld und Frauenheld
Brendan O´Malley (Kirk Douglas) von einem gewissen Dana Stribling (Rock
Hudson) verfolgt. Aus gutem Grund: Nicht nur dass er steckbrieflich
gesucht wird, Stribling hat auch eine persönliche Rechnung mit O´Malley
offen. Denn dieser hat Striblings Schwager ermordet und er gibt ihm auch
die Schuld für den Selbstmord seiner Schwester. Doch inzwischen hat
O´Malley mexikanischen Boden erreicht. Also offiziell ist der Haftbefehl
dort ungültig. Dennoch gibt Stribling die Suche nicht auf. Er taucht
auf der Ranch des alten und verbitterten Alkoholikers John Brekkenridge
(Joseph Cotten) auf. Dieser hat eine große Rinderherde, die er über die
Grenze nach Texas treiben lassen will. Er will dort mit seiner jüngeren
Frau Belle (Dorothy Malone) und der 16jährigen Tochter Missy (Carol
Lynley) eine neue Existenz aufbauen. Für den Treck kommt daher O´Malley
wie gerufen. Und dieser ist nicht nur rein zufällig dort aufgetaucht.
Denn Mrs. Brekkenridge war als junges Mädchen seine Geliebte. Bald
taucht auch Stribling auf, der viel vom Viehtreck versteht und sich auch
von dem Rancher engagieren lässt. So beginnt eine gefahrvolle Reise, wo
die Reisenden alle ihre eigenen Absichten verfolgen. Am Ende soll ein
Duell der beiden Kontrahenten stehen, denn O´Malley hat zwar versprochen
mit nach Texas zu kommen. Aber von Stribling gefangen nehmen lassen
wird er sich auf keinen Fall....
So steht am Ende dann wieder ein unausweichliches Duell von zwei
grundverschiedenen Männern. Rock Hudson spielt den sensiblen Typen, der
einem verwaisten Kalb wieder auf die Beine hilft. Kirk Douglas dagegen
spielt einen innnerlich zerissenen Mann, der nur schwer seine
Aggressionen im Zaun halten kann. Besonders wird dies in einer Szene
sichtbar als er vor lauter Wut einen Hund würgt, um seinen Frust
abzureagieren. Er hat aber vor ein neues Leben mit seiner damals
angebeten Geliebten zu beginnen und geht mit Brekkenridge sogar eine
Wette ein, dass er am Ende des Trecks nicht nur ein Fünfel der Herde
will, sondern auch dessen Ehefrau bekommt. Mit schallendem Gelächter
geht der Rancher sogar auf diese ungewöhnliche Wette ein. Doch die Reise
offenbart o´Malley die brutale Tatsache, dass auch Stribling eine Auge
auf Belle geworfen hat...als die heranwachsende Tochter im gelben Kleid
der Mutter erscheint, dass O´Malley von früher kennt und ihre Liebe
gesteht, gibt er diesen Avancen begeistert nach. Doch die Tragödie
offenbart sich erst im Schlußteil des Films. Ohne Perspektive geht
O´Malley ins Duell. Und auch sein Kontrahent hat eine andere Seite des
Verfolgten kenenngelernt und meint am Ende "Man kann keinen länger
hassen, wenn man ihn erst näher kennt". Für beide Hollywoodstars bietet
der Aldrich Film eine gute Rolle - am meisten beeindruckt jedoch die
junge Carol Lynley, die man später noch in den beiden Preminger Filmen
"Der Kardinal" und "Bunny Lake ist verschwunden" sah und hier als
16jährige Missy eine ganz starke Frauenfigur - trotz des jugendlichen
Alters - verkörpert.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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