Regie: Howard Hawks
Der Sheriff und seine Helfer...
"High Noon" hat mir dermaßen missfallen, dass ich die Gegenposition
eingenommen habe. Das funktioniert und den Leuten hat es sehr gefallen -
das hat Howard Hawks einmal gesagt, als er zu "Rio Bravo" interviewt
wurde. Tatsächlich ist Howard Hawks Meisterwestern aus dem Jahr 1959 die
ultimative Antithese von Fred Zinnemanns düsterem Western über einen
Marshall, dem keiner helfen will im Kampf gegen die Banditen. Dennoch
sind die Helfeshelfer von John Wayne in "Rio Bravo" eine illustre Schar
von Aussenseitern. Lediglich Ward Bond als Rancher Pat Wheeler könnte
man als typischen Westerner bezeichnen - aber er lebt nicht mehr lange.
In dem Moment als er sich äusserte dem Sheriff zu helfen, wird er
hinterrücks umgelegt. All das passiert in der kleinen Grenzstadt "Rio
Bravo". In der Planung als reine Mainstreamproduktion konzipiert (sogar
ein ganz junges Publikum wurde durch die Besetzung von Teenie-Idol und
Popsänger Rickie Nelson anvisiert), gelang es dem Meisterregisseur mit
seinem total lockeren Stil einen der besten Western der Filmgeschichte
zu schaffen. Und dies obwohl die Geschichte auf ganz engem Raum spielt
und erst gegen Ende - beim explosivem Showdown - für kurz das
verschlafene Städtchen verlassen wird. Seine Coolness gewinnt der Film
durch eine umwerfende Mischung aus allem, was Hawks filmisch gemacht
hatte. Es gibt eine musikalische Einlage (Dean Martin und Ricky Nelson
geben den song "My rifle, Pony and me) zum Besten, es gibt herrliche
Komödienmomente - vor allem Walter Brennan als zickiger alter
Hilfssheriff läuft dabei zur Höchstform auf. Eine gute Brise von
Romantik und Erotik dank einer Durchreisenden Lady mit Vergangenheit,
die vom ruppigen Sheriff gezähmt werden könnte. Am Ende wird er aber
gleichsam von ihr gezähmt. Und natürlich jede Menge Spannung und Action.
"Rio Bravo" erweist sich als optimales Belagerungsszenario im Film. Auf
ganz engem Raum kämpft eine Gruppe ungleicher Charaktere gegen eine
Überzahl von bezahlten Desperados für Gesetz und Ordnung. Diese
Konstellation schrieb Filmgeschichte und wurde von vielen
Kultregisseuren wie Romero oder Carpenter für ihre Filme übernommen.
Dabei gelingt es Hawks spielend, dass die Belagerung zweitrangig wird -
die Interaktion zwischen den Filmfiguren ist die Trumpfkarte in "Rio
Bravo".
Um was geht es: Sheriff John T. Chance (John Wayne) muss den
Revolverhelden Joe Burdette (Claude Akins) festnehmen, denn der hat im
Saloon einen Mann erschossen, der unbewaffnet war. Da Joes älterer
Bruder der mächtige Viehbaron Nathan Burdette (John Russell) ist, muss
damit gerechnet werden, dass dieser seinen Bruder - wenn nötig auch mit
Gewalt - aus dem Gefängnis befreien wird. Er hat mit seinem Männern
bereits den Grenzort abgeriegelt, um zu verhindern, dass Chance seinen
Gefangenen zum US-Marshall bringen könnte. Diese Revolvermänner sind
auch in der Stadt präsent und bewachen jeden Schritt, den der Sheriff
unternimmt. Chance, der nur seinen Deputy, den alten gehbehinderten
Stumpy (Walter Brennan) als Verbündeten hat, gibt dabei seinem
ehemaligen Hilfssheriff Dude (Dean Martin) eine Chance mit im Team der
Guten zu sein. Dude ist aber seit 3 Jahren ein echter Säufer (eine Frau
war der Auslöser) und hat echte Mühe trocken zu bleiben - teilweise ein
echtes Wrack, das zittert, schwitzt und sich beleidigen lässt, nur um
kurz einen Hauch von Stolz zu empfinden und dann sofort wieder zur
Flasche zu greifen. Noch kurz vor seiner neuen Chance war er das Gespött
jedes Saloons. Mit Feathers (Angie Dickinson) kommt eine attraktive
Frau in die Stadt, auf die ein Steckbrief einer Falschspielerin passt
und die sich in den Kopf gesetzt hat den störrischen Sheriff zu erobern.
Auch sie unterstützt natürlich auch emotionalen Gründen die kleine
Achse der Guten. Als Chances Freund Pat Wheeler (Ward Bond) erschossen
wird, gewinnt Chance mit dem ganz jungen Revolverhelden Colorado (Ricky
Nelson) einen weiteren Verbündeten. Und auch der mexikanische Hotelwirt
Carlos Robante (Pedro Gonzales) mit dessen Frau Consuela (Estella
Rodriques) erweist sich bald als guter Verbündeter. Aber können sie alle
gegen die Vielzahl der Banditen bestehen...
John Wayne soll Hawks gefragt haben "Und was mache ich, während Dean die
ganzen schönen Szenen spielt ?" Lakonisch antwortete Hawks "Ganz
einfach, du schaust ihm zu wie ein guter Freund". Und für beide Stars
kamen zwei ganz hervorragenden Rollen dabei heraus. Die Filmmusik von
Dimitri Tiomkin passt perfekt dazu, das atmosphärische Titellied sowie
auch "Deguello", die Melodie vom Tod, vom Halsabschneiden, die im Film
zu hören ist und die Spannung dramaturgisch unterstützt. Kameramann
Russell Harlan, der sehr oft mit Howard Hawks gearbeitet hat, mit einer
Superleistung. Es sind auch die vielen tollen Nebenfiguren - Angie
Dickinson als starke Frau, Ricky Nelson als unkonventioneller ganz
junger Revolverheld oder Walter Brennan als ständig schimpfender
Stumpy...die Chemie stimmt und machen aus "Rio Bravo" nicht nur einen
spannungsgeladenen Edelwestern, sondern ein echtes Kinohappening.
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen